Nach E5 den Traumpfad

Blancanieve166, Donnerstag, 12. November 2020, 11:26 (vor 1233 Tagen)

Hallo Zusammen,

ich bin letztes Jahr die Alpenüberquerung auf dem E5 von Oberstdorf nach Meran gewandert und überlege vielleicht 2021 den Traumpfad in Angriff zu nehmen.
Ist von Euch eventuell schon jemand beide Touren gewandert und kann deshalb einschätzen um wie viel härter der Traumpfad ist?

Mir ist klar das allein schon die Dauer, die Kilometer und die Höhenmeter einen großen Unterschied ausmachen, aber sind die Wege ähnlich oder würdet ihr sagen das manche Etappen sehr viel anspruchsvoller sind?

Vielen Dank schonmal für Eure Antworten!

Viele Grüße
Kathi

Nach E5 den Traumpfad

BitPoet @, Donnerstag, 12. November 2020, 20:26 (vor 1233 Tagen) @ Blancanieve166

ich bin letztes Jahr die Alpenüberquerung auf dem E5 von Oberstdorf nach Meran gewandert und überlege vielleicht 2021 den Traumpfad in Angriff zu nehmen.
Ist von Euch eventuell schon jemand beide Touren gewandert und kann deshalb einschätzen um wie viel härter der Traumpfad ist?

Mir ist klar das allein schon die Dauer, die Kilometer und die Höhenmeter einen großen Unterschied ausmachen, aber sind die Wege ähnlich oder würdet ihr sagen das manche Etappen sehr viel anspruchsvoller sind?

Sehr viel anspruchsvoller würde ich nicht sagen, auch wenn das natürlich ein wenig subjektiv ist. Beim E5 kommt es noch ein wenig darauf an, mit welcher Variante man vergleicht (Standard, Kaunergrat, Similaun...), aber ein paar ausgesetzte Stellen, kurze Reibungskletterstücke und ein wenig Blockwerk bietet der E5 ja immer. Die Etappenlänge ist eher nicht das Thema. Übers Birkkar darf man sich an ein, zwei Stellen nicht zu schade sein, die Hände beherzt an den Fels zu legen (eher nichts ans Stahlseil, das nur fragwürdige Sicherheit bietet), aber kritisch würde ich das bei entsprechender Umsicht nicht nennen. Auf der (bei perfektem Wetter Königs-)Etappe von der Glungezer zur Lizumer muss man definitiv Schwindelfrei sein und eine gute Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit haben, denn dort klettert man auf dem Grat auch mal über mittelgroße Felsblöcke und die Markierungen sind nicht immer gleich auf den ersten Blick ersichtlich. Im Zweifelsfall gibt es da aber auch die Schlechtwettervariante auf dem Zirbenweg durch riesige Heidelbeerfelder. Die oft zitierte "Schlüsselstelle" Friesenbergscharte ist gar nicht so schlimm, weitgehende Schwindelfreiheit vorausgesetzt - bei trockenem Fels lässt sich die kurze Stelle von geübten auch ohne Zuhilfenahme des Stahlseils überwinden (nicht dass ich das empfehlen würde, aber für die Einordnung).

In den Dolomiten sind ein paar Abschnitte dabei, die eher Steig als Weg sind (hoch zur Roa- und Nives-Scharte, teilweise nach dem Rif. Pisciadu), ich kenne aber niemanden, der so weit gekommen ist und dann dort überfordert gewesen wäre. Es gibt die zwei wirklichen Klettereien, die eine zum Boè hoch (mitnehmen wenn es irgendwie geht!) und natürlich der Schiara-Klettersteig. Beide sind optional, aber grandios.

Ich würde sagen, wenn du mit der Etappenlänge auf dem E5 keine Probleme hattest und einigermaßen schwindelfrei und trittsicher bist, dann ist die größte Gefahr, dass du immer weiter laufen willst. Die klassische Wanderkarriere geht so: auf dem E5 angefixt, auf dem Traumpfad süchtig geworden, und ein paar Jahre später steht das Bücherregal voller Fernwanderliteratur und der Urlaub kann nicht mehr lang genug und die Tour nicht weit genug sein :-D

Nach E5 den Traumpfad

Blancanieve166, Donnerstag, 12. November 2020, 21:38 (vor 1233 Tagen) @ BitPoet

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Das hilft mir auf alle Fälle sehr weiter.

Schwindelfreiheit ist bei mir kein Thema. Ich bin schon an Jägersteigen und Gratwanderungen unterwegs gewesen und hatte keine Probleme.
Ich denke bei den genannten Schlüsselstellen müsste ich dann einfach sehen wie die Wettersituation und auch die eigenen Verfassung an dem Tag ist. Jeder Tag ist ja nicht gleich.

Den Schiara - Klettersteig würde ich auf jeden Fall umgehen, da ich keine Erfahrung mit Klettersteig Ausrüstung habe und mir deshalb das Risiko zu groß wäre.

Nach E5 den Traumpfad

K2 @, Mittwoch, 18. November 2020, 19:01 (vor 1227 Tagen) @ Blancanieve166

Hallo Kathi.

Ich kenne persönlich zwar Oberstdorf-Meran nicht komplett, aber dafür ein paar München-Venedig-Begeher, die auch den entsprechenden E5-Abschnitt begangen haben und wie heißt es so schön: Dumm darf man sein, man muß sich nur zu helfen wissen und so hatte ich nach Deinem Post mal einen kontaktiert, der es wissen muß.

Hier noch seine zwischenzeitlich eingetrudelte Antwort (neben der ja sehr schnell erfolgten, sehr ausführlichen von BitPoet) im O-Ton:

Oberstdorf-Meran habe ich anhand des Geocaches GC5Y87Q gemacht.
Hier bleibt mir vor allem in Erinnerung, dass man immer von Tal zu Tal über eine Spitze / über einen Schatten marschiert ist, die Etappen von "Berg zu Berg" wurden hier alle immer mit Bus / Taxi zurückgelegt.

Daher finde ich Oberstdorf-Meran recht einfach, auch die Dauer der Wanderung insgesamt ließ eine kleinere/geringere Ausrüstung zu. Weniger Unterwäsche und da sich das Wetter auf diesen kurzen Zeitrahmen besser einschätzen konnte, musste man auch nicht so sehr auf Schnee / Regen vorbereitet sein, was alles Ausrüstung reduziert.

München-Venedig finde ich ab Bad Tölz die deutlich anspruchsvollerere Wanderung, viel mehr Höhen, steilere An- und Abstiege.... und hinten heraus, in Italien die Flachetappen bei drückender (Sommer-) Hitze haben echt weh getan - dies entfällt natürlich bei Oberstdorf-Meran.

Oberstdorf-Meranfinde ich echt eine gute "Einsteigerwanderung", wenn man selbst mal testen will, ob einem solche Mehrtageswanderungen überhaupt taugen - bei München-Venedig gehört schon etwas Ausdauer dazu.


Alles in allem, würde ich das als ermutigend für Dich ansehen.

Bei Detail-/Rückfragen stünde der nette Herr nordbayerischer Herkunft auch für Rückfragen per Mail zur Verfügung, die ich auf Anfrage direkt rausgeben darf (==> bei Interesse, einfach mich kontaktieren oder hier entsprechenden Wunsch artikulieren, dann maile ich die Mail-Adresse).

Ich denke, Antworten/Eindrücke kann man ja nie genug haben ;-)

Schöne Grüße
K2.

Nach E5 den Traumpfad

Blancanieve166, Donnerstag, 19. November 2020, 10:00 (vor 1226 Tagen) @ K2

Hallo K2,

vielen lieben Dank! Wahnsinnig nett von Dir, dass du extra bei jemanden nachgefragt hast!

Auf das Angebot mit dem Kontakt komme ich sehr gern zurück. Wie Du schreibst, man kann nie genug Erfahrungsberichte haben.

Was er schreibt ergibt soweit auch alles Sinn für mich und hatte ich auch so erwartet.
Nur den Teil mit der Ausrüstung würde ich so nicht hundertprozentig unterschreiben. Wir sind zum Beispiel bei Hitze und mit kurzer Hose in Oberstdorf gestartet und wegen eines unerwarteten Kälteeinbruchs bei fast 40 cm Neuschnee in Italien angekommen :)

Viele Grüße
Kathi

Nach E5 den Traumpfad

Klimaboss ⌂ @, Rhein-Westerwald, Montag, 21. Dezember 2020, 18:33 (vor 1194 Tagen) @ Blancanieve166
bearbeitet von Klimaboss, Donnerstag, 29. April 2021, 18:54

Hallo Blancanieve166,

der "Traumpfad" nach dem E5 ist ein guter Plan! Du solltest dann auch völlig ausreichende Erfahrungen für den Traumpfad haben.

Von der Schwierigkeit her sind sehr viele Etappen sicher vergleichbar, einige aber auch deutlich anspruchsvoller. Zu diesen anspruchsvolleren Etappen zählt auf jeden Fall der Weg übers Birkkarjoch zwischen Karwendelhaus und Hallerangerhaus (bei dem Du aber bei gutem Wetter zusätzlich auch die Birkkarspitze in Erwägung ziehen solltest (leichter und kurzer Klettersteig)). Desweiteren zählt dazu der Weg über die Geierroute zwischen Glungezer Hütte und Lizumer Hütte, den ich unbedingt jedem alternativen Weg zur Lizumer vorzuziehen empfehle. Wie schon an anderer Stelle berichtet, ist auch die Etappe von der Schlüterhütte zur Puezhütte (die ich nicht empfehlen kann) etwas anspruchsvoller aber auch deutlich spannender, da es hier an der Forcella Nives wieder einen kleinen Klettersteig gibt. Diesen kann man aber mit einem etwas längeren Umweg (inkl. Abstieg) auch vermeiden.

Die ultimative Etappe bezüglich Anspruch und Spannung von der gesamten Tour ist aus meiner Sicht die Etappe über die Schiara vom Rifugio Viel dal Pan zum Rif. 7mo Alpini, über den Marmol-Klettersteig. Diesen Abschnitt gehen die meisten Traumpfad-Wanderer leider nicht, was wir in diesem Jahr auch erlebt aber nicht verstanden haben; vermutlich wirkt die Beschreibung in den diversen Führern etwas abschreckend, was aber nicht wirklich gerechtfertigt ist. Man sollte aber unbedingt trockenes und gewitterrisikofreies Wetter haben. Bei entsprechenden Bedingungen sollte man hier auch durchaus den Schiara-Gipfel selbst noch in Erwägung ziehen (ca. 30min zus. je Richtung auf und abwärts).

Eindrücke via Fotos und auch einige Erfahrungen findest Du in unserem Webblog aus diesem Jahr unter " München-Venedig 2020".

Viel Spaß schon bei der Planung..... (Fragen jederzeit gern)

Nach E5 den Traumpfad

Blancanieve166, Montag, 04. Januar 2021, 08:24 (vor 1180 Tagen) @ Klimaboss

Hallo Kliimaboss,

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort.
Auf Deinen Blog war ich tatsächlich schon gestoßen und habe schon fleißig gelesen und habe ihn unglaublich informativ gefunden!

Den Schiara-Klettersteig habe basierend auf meiner Erfahrung und das ich vermutlich allein wandern werde für mich schon ausgeschlossen.

Deine Einschätzung der schwierigen Etappen hilft mir auf jeden Fall weiter, ich werde mir dazu noch genauere Informationen suchen.
Kannst du mir vielleicht grob sagen worin in etwa die Schwierigkeit der Etappen liegt? Sind es vor allem augesetze Stellen?

Danke!

Nach E5 den Traumpfad

Klimaboss ⌂ @, Rhein-Westerwald, Montag, 04. Januar 2021, 17:01 (vor 1180 Tagen) @ Blancanieve166
bearbeitet von Klimaboss, Donnerstag, 15. April 2021, 18:49

Hallo Blancanieve166,

mit sehr wenigen Ausnahmen ist der Traumpfad insgesamt wirklich zum Wandern gemacht, d.h. es muss eigentlich kaum „Hand an den Berg gelegt“ werden. Dies gilt (für uns etwas überraschend und anders ursprünglich als erwartet) auch auf dem Weg zwischen der Glungezer und der Lizumer Hütte, der top markiert bzw. Leicht zu finden und wirklich unschwierig ist, sofern man trittsicher auf dem dortigen Blockgestein ist. Dieses teilweise sehr grobe Blockgestein gibt es aber recht verbreitet, wobei man auf und über diese zu steigen hat, ohne das das Gelände aber in der Regel sehr steil zu den Seiten abfällt. Der Wegverlauf ist -wie auf unseren Bildern vielleicht sichtbar- immer auf einem recht breiten Verbindungskamm zwischen den einzelnen Berggipfeln angelegt.

Vor den Tuxer Alpen gibt es eigentlich nur die Etappe vom Karwendelhaus über das Birkkarjoch, was im Zusammenhang mit alpinen Schwierigkeiten zu erwähnen wäre. Dieser Abschnitt gehört definitiv zu den alpineren Abschnitten der Tour, wo man auf jeden Fall trittsicher und bei Abstieg vom Birkkarjoch auf der Gratrippe sicher auch schwindelfrei sein sollte. Da man hier über einen Abschnitt von etwa 150 Höhenmeter recht steil an einem Drahtseil abwärts gehen muss, wobei durchweg feiner (rutschiger) Schotter auf den Felsen liegt, halte ich persönlich diesen Abschnitt für den (relativ) gefährlichsten/schwersten der Tour insgesamt.

Ausgesetzt, steil und mit Stahlstiften am Berg ist der Weg hingegen wohl auch auf der von uns leider wetterbedingt nicht begangenen Südseite der Friesenbergscharte. Dies ist aber nur ein relativ kurzer Abschnitt (60-80 Höhenmeter), an dem man sich festhalten muss, wobei man sich aber unbedingt "nicht unwohl" fühlen sollte.

Sehr schön, aber durch enge Bergwände von drei Seiten dennoch vom Gefühl der Ausgesetzheit harmlos bzw. völlig unkritisch, ist der kurze (20min) Klettersteig auf die „Forcella Nives“ zwischen Schlüterhütte und Puezhütte, zu dessen Beginn man fast ohne Höhenverlust von der Roa-Scharte in ca. 15-20min kommt. Diesen kurzen Klettersteig kann man auf jeden Fall locker ohne Klettersteigset gehen und er ist aus meiner Sicht der vergleichsweise langen Umgehung mit deutlichem Abstieg nach unten unbedingt(!!) vorzuziehen.

Ohne Klettersteigset und technisch unkritisch sind auch die beiden weiteren kurzen Klettersteige, die sich zwischen Grödnerjoch und Pisciadu-Hütte zum einen und zwischen Pisciaduhütte und Boé-Hütte zum anderen befinden. Der Klettersteig oberhalb der Pisciaduhütte ist dabei ein wenig ausgesetzter, wobei dieser Abschnitt aber sehr kurz ist (5-10min Gehzeit). Im weiteren Wegverlauf ist der Weg auf den Piz Boé selbst im Vergleich dazu deutlich einfacher und bis auf einen Abschnitt von ca. 50m horizontalem „Weg" auch nicht sehr ausgesetzt. An dieser Stelle ist aber ein gutes Seil montiert, so dass ich den Weg auf den Boé-Gipfel auf jeden Fall empfehlen würde, „mitzunehmen". Die Umgehung unten herum ist im Vergleich dazu eher langweilig.

Auf die aus unserer Sicht "ultimative" Etappe zwischen dem Rifugio Pian de Fontana und den Rif. 7mo Alpini gehe ich hier nicht noch einmal allzusehr ein. Bei schönem Wetter und ausreichender Trittsicherheit ist dieser "Weg" aber als absolutes Highlight zum Schluss zumindest eine echte Überlegung wert. Technisch schwieriger als die vorangegangenen Etappen ist diese Etappe dabei sicherlich nicht. Allerdings ist sie abschnittsweise im Marmol-Klettersteig auch die ausgesetzteste Etappe der gesamten Tour. Wer damit aber keine Probleme hat, sollte sich bei gutem Wetter unbedingt trauen. Für Eindrücke vom Marmol-Klettersteig verweise ich auf unseren Blog bzw. die Bilder zur Etappe (Blogseite der Etappe zum Rif.7mo Alpini). Für den Abstieg von der höchsten Stelle benötigt man etwa 2.5h-3h (bis zum Rifugio).

Solltest Du GPS-Tracks verwenden und hier diejenigen über den Rotherführer zu nutzen planen, kann ich nur warnen, sich insbes. im steilen, bewaldeten Abschnitt zwischen Niedervintl und Roner-Alm allzusehr auf diesen Track zu verlassen. Dieser ist in diesem Bereich eher schlecht und teilweise richtig irreführend. Falls Interesse an meinem Track oder auch allen meinen Tracks bestünde, kann ich diese gern als Alternative senden (bitte in diesem Fall um kurze PN außerhalb dieses Forums). In meinem Blog darf ich gpx-Tracks leider nicht bereit stellen.

Viele Grüße vom Mittelrhein und viel Spaß bei der weiteren Planung,
Dirk.

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