CONTRA Rifugio 5. Artilleria am Col Visentin

André @, Potsdam, Dienstag, 02. August 2011, 10:07 (vor 4623 Tagen) @ Stefan Lenz

Hallo!

Auch ich möchte zu diesem Thema meinen Senf dazugeben - und was die Hütte am Col Visentin betrifft, schmeckt dieser doch etwas sauer. Bevor mir jemand mit Sternehotel-Ansprüchen kommt: Nix da - ich habe nicht nur in einfachen Unterkünften, sondern auch oft und gerne draussen bzw. in Biwakschachteln/Schutzhütten übernachtet und es war immer wunderbar. Nur eben nicht im Rifugio 5.

Genug des Vorspiels. Zum Thema! Wir sind in Rekordzeit zum Col Visentin aufgestiegen, da es hinter uns schon brodelte, grollte und blitzte. Es gab sehr dichten Nebel und so sahen wir die Hütte wirklich erst aus nächster Entfernung. Gerade so konnten wir dem einsetzenden Regen und Hagel entgehen. Es war jedenfalls toll, die Tür zum Vorraum hinter sich zu schließen und dem Unwetter knapp zu entkommen.

Interessiert hat sich dort aber keiner für uns - also haben wir es uns erst einmal zwischen allerlei Gerümpel und alten Maschinen gemütlich gemacht. So kann man so ein Wetterspektakel dann so richtig geniessen (der Vorraum ist aus Glas - da wirkt das Hagelbombardement noch bedrohlicher).

Egal - wir sind dann richtig rein ins Haupthaus und fanden dort nur zwei Jugendliche, die sich nur ungern vom Fernseher trennen wollten. Das Mädchen war dann doch bereit, Bart Simpson kurz im Stich zu lassen. Sie hat uns also in die darunterliegende Etage geführt und die Räumlichkeiten präsentiert. Und noch einmal: Ich bin nicht verwöhnt und habe auf dieser Tour viel erlebt. Aber so viel Müll und Gerümpel habe ich nirgendwo gesehen. Wer hier auf andere einfache Hütten wie "Rif. Pian de Fontana" verweist, war wohl lange nicht mehr da (letztere Hütte ist gemütlich, sauber und traumhaft gelegen). Überall lagen irgendwelche Klempnerutensilien, alte verrostete Rohre, gesammelte Werkzeuge, Schrott! Statt für diesen oder jenen Hinweis ein paar Schilder aufzustellen, standen auf den Kacheln mit Edding an die Wand geschmierte Anweisungen. Das Bad war verdreckt, die Luft stank nach Chemikalien (wahrscheinlich kann man länger fernsehen, wenn man einmal die Woche mittels einer Chemiekeule in Sprayform durch die sanitären Anlagen huscht) und und und. Es gibt wirklich nichts, was man als Pluspunkt werten könnte.

Wir sind dann hoch und haben uns in den Aufenthaltsraum gesetzt. Eine Couch dort diente dem Jungen wohl als Schlafcouch - verständlich, denn erstens kann man so dem Chaos im Untergeschoss entgegen und zweitens steht auch in diesem Raum ein Fernseher. Zur "Beruhigung" haben wir uns ein (gut verpacktes und damit unbedenkliches) Eis gegönnt und siehe da - plötzlich war uns der Wettergott hold, die Wolkendecke riss auf und Sonnenstrahlen fluteten den Raum. Auch wenn es schon spät am Nachmittag war - wir haben das Ganze als Zeichen gedeutet, sind nach unten, um die Rucksäcke noch einmal zu schultern. Und nach einer kurzen Verabschiedung ging es runter ins Tal von Revine, wo wir dann noch eine nette Unterkunft fanden.

Fazit: Die Alpentour ist ein Traum. Man sieht fantastische Gegenden und unberührte Natur. Die Hütten entlang des Weges sind sehr verschieden und doch immer wieder interessant und schön. Doch vielleicht muss man in Belluno verstehen, dass mit der Schiara das letzte Stück Alpen bezwungen ist. Der Col Visentin kann meiner Meinung nach nicht mehr mit den vorherigen Etappen mithalten. Und wegen der Hütte muss man diesen Ort nun wirklich nicht sehen. Daher am besten umgehen (bzw. an der Hütte weitergehen) und sich langsam aber sicher (im Geiste) auf den Abschied von den Bergen und die Rückkehr ins Flachland vorbereiten......und dann in Revine auf eine gelungene Tour anstossen.

Bon courage an alle, die den Traumpfad noch vor sich haben. Für mich war es das schönste Abenteuer meines Lebens!

Gruß
A*


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