Die Frage nach dem Schuh

K2 @, Sonntag, 24. April 2016, 16:57 (vor 2896 Tagen) @ Stratos

Hallo Stratos.

Klaus hat ganz viele wichtige Argumente zur Schuhwahl bereits in seine umfassenden Antworten eingeflochten:

Nimm ein paar Stiefel mit, das richtig passt, damit überstehst Du auch die Flachetappen.

Entgegen der landläufigen Meinung (und auch der einiger gedruckter Wanderführer) sind konditionell und allgemein die Physis betreffend keineswegs die Bergetappen die kritischen, sondern die Flachetappen nach München und vor Jesolo. Dies wird eine überwältigende Mehrheit der Leute, die München-Venedig am Stück gegangen sind, bestätigen.
30-40 km Strecke mit einem großen Rucksack auf meist festem und verdichtetem Untergrund (bis hin zu Asphalt) sind einfach anstrengender, insbesondere wenn es dann vielleicht noch knapp 40° im Schatten (ohne Schatten) an der Piave hat.

Ob man dafür allerdings wirklich andere Schuhe nutzen möchte/sollte ist allerdings eine ganz andere Frage.

Letztlich ist es die Abwägung zwischen Effizienz und Effektivität:
1. ein leichter Schuh entlastet den Gehapparat um ein Vielfaches (das Mehrgewicht der Stiefel im Rucksack wirkt sich weniger aus)
2. umgekehrt bringt der hohe Schuh Schutz vor dem Umknicken, Geröll, Schnee und dem zweiten Schuh (für Leute, die beim Kraxeln zu Selbstverletzung neigen ;-) ==> ein erfahrener Streckenkenner wie Klaus kann da natürlich insgesamt evtl. auf einen leichteren Schuh setzen. Einem weniger Erfahrenen würde ich von Experimenten mit zu leichtem Schuhwerk (ohne Knöchel- und Geröllschutzband) abraten.
3. wenn man dann aber generell schwereren/stabileren Schuh für notwendig erachtet, warum dann überhaupt noch einen leichten mitnehmen ?
Mir kann keiner erzählen, dass man sich im Bergstiefel nach 450 km über die Alpen dann plötzlich im Flachland auf den letzten 100 km notwendigerweise unglaubliche Blasen läuft.
Ich erwarte nicht von jedem, dass er mit richtig schweren C-Bergstiefel M-V oder auch Mittelgebirgsmarathons wandert, aber wenn von mir persönlich jemand erwartet, ich solle aus dem Stand >> 30 km laufen (egal welcher Untergrund), dann ist klar, welche Schuhe ich anziehe ==> die einzigen bei denen ich genau weiß, dass dies kein Problem ist - in Kauf nehmend, dass die körperliche Belastung mit den bedingt steigeisenfesten etwas höher ist ;-)

Jack Wolfskin? Ich persönlich halte davon gar nichts.

Ich schließe mich dem an, allerdings ohne selbst empirische Fakten dieser Einstellung hinterlegen zu können.

Egal welchen Schuh Du kaufst, Du solltest ihn so oft wie möglich im Vorfeld schon tragen, auch wenn er für das Gelände bei Dir vor der Haustür übertrieben erscheint.

Das ist das entscheidende. Man KANN mit Sandalen die Tour gehen (auch wenn ich davon deutlich abrate) und man kann vor allen Dingen auch mit Bergstiefeln der Kategorie C (oder gar D) auch viele Kilometer einfaches Gelände bestreiten. Letzteres ist in jedem Fall einfacher und erfordert weniger Können als ersteres.

Oder ich laufe da gleich meinen B/C Schuh ein.

Das solltest Du in jedem Fall tun !
Ich rate sowieso jedem zum Test mal 2-3 Tage hintereinander mit den geplanten Schuhen, der vorgesehenen Rucksackbestückung (Gewicht !) mal im Mittelgebirgs-Umfeld gut 30 km pro Tag zu laufen. Wenn man dies physisch und psychisch überlebt (das kann ruhig weh tun), dann ist auch M-V in der Regel mehr eine Kopf- als eine Ausrüstungs- oder Körper-Sache.

Wovon ich generell abrate, ist es am ersten Tag die Strecke - wie im Rother Wanderführer beschrieben - von München bis nach Wolfratshausen zu gehen.

Klaus hat sicher recht, dass man gerade zum Start die Etappen gut etwas abweichend einteilen KANN. Auch wenn diese generell kein Problem darstellen, hat man dort eine gute Möglichkeit individuelle Anpassungen vorzunehmen. Bei manchen Bergetappen oder im italienischen Flachland ist dies ja nicht so einfach.

Da man ja die Tour nicht untrainiert beginnen sollte, ist auch die erste

Etappe bis Wolfratshausen zu machen...und in der in den Reiseführern angegebenen Zeit zu schaffen

Das mit dem Training ist aus meiner Sicht primär eine Besänftigung der Psyche.
Wie lese ich just in diesem Moment in einem aktuellen Zeitungsartikel (was auch auf Fernwanderungen direkt anwendbar ist): "Die Strecke mußt Du im Kopf bewältigen. Ca. 80% sind rein mentale Faktoren, um am Ende gut und gesund anzukommen." (Christine Thürmer, seit 8 Jahren 32.000 km zu Fuß, 30.000 km mit dem Rad und 6.500 km paddelnd unterwegs).

Wichtig ist auch: Man MUSS die Länge und die angegebene Zeit nicht schaffen, aber man muß für sich selbst das richtige Tempo und die richtige Einteilung wählen. Alles andere ist (sinnloser) Verschleiß, der in der Folge problematisch werden KANN.

K2.


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